Retouren und Rückwärtslogistik

„Eigentlich wollten wir nur die Ware zurück“

Retouren und Rückwärtslogistik in der Ersatzteileversorgung sind in den vergangenen 10 Jahren immer wichtiger geworden. GO! ist in der Schweiz als B2B-Unternehmen auf Auto-, Motorrad- und landwirtschaftliche Ersatzteileversorgung spezialisiert. Dabei seien nicht nur der ökologische Aspekt und die Verantwortung der Unternehmen der Umwelt gegenüber gestiegen, auch die Kosten. Diese Aspekte berücksichtigt das speziell auf ökonomischen und ökologischen Grundsätzen entwickelte Retourenmanagement von GO!

Eine Hypothek für jede Retourenlogistik ist in erster Linie der finanzielle Aspekt. „Da der ,Verkauf‘ schon lange vorbei ist und alles danach nur noch Geld kostet, sinkt die Motivation, ähnlich gemanagte Prozesse wie in der Vorwärtslogistik zu haben“, sagt Iorio-Esposito, Geschäftsleitungsmitglied der GO! Schweiz. In den wenigsten Fällen existiert hier eine genaue Prozessbeschreibung und Verfahrensanweisung. „Ein Schlaraffenland für Logistikunternehmen, die bei jedem weiteren Zusatzprozess die Hand aufhalten.“ Meint Iorio-Esposito. Das kann Weltuntergangsstimmung beim Versender hervorrufen, wenn er am Ende seine dafür ausgegebenen Kosten sichtet und feststellt: „Eigentlich wollte ich ja nur die Ware zurück.“

Für GO! Schweiz ist das Adress-Matching die Grundlage im Retourenmanagement. Um Synergieeffekte zu nutzen und dem Kunden attraktive Retourentarife anbieten zu können „prüft“ GO! bereits bei der Auslieferung (Vorwärtslogistik) die Empfängerdaten. IT-technisch stellt man im zweiten Schritt vollautomatisch fest ob auch eine Retoure (Rückwärtslogistik) vom gleichen oder von anderen Versendern für diese Adresse ansteht. Ist dies nicht der Fall, wird der Retourenauftrag solange geparkt, bis eine Sendung in der Vorwärtsbewegung anfällt. Für das Zusammenführen von gleichen oder ähnliche dargestellten Adressen wurden inhouse IT-Tools entwickelt, die jede Empfängeranschrift bei der Erfassung u.a. geocodieren“, sagt Geschäftsleitungsmitglied Marcel Tüscher, der für die IT verantwortlich zeichnet. Mit dem Geocode, Geofencing und bereits bekannten Adress- und Auslieferdaten wird nun die, von jedem Versender oft verschieden geschriebene und different dargestellte, Empfängeradresse auf Richtigkeit und Übereinstimmung geprüft. Kann vom IT-System eine höchstmögliche Zuordnung vorgenommen werden, werden Adresse und Auftrag bzw. Aufträge „verheiratet“ und dem Empfänger die entsprechenden Etiketten elektronisch zum Druck übermittelt. Zur Sicherheit wird die Etikette aber auch noch für den Fahrer, zusammen mit seinen Lieferpapieren, mitausgedruckt, der im Falle einer falsch oder nicht lesbaren Etikette auf den für ihn im Depot produzierten Label zurückgreifen kann. Wird der Empfänger nun „vorwärts“ beliefert, werden im Zuge dieser Anlieferung gleich alle von ihm bereitgestellten und „hoffentlich“ richtig etikettierten Retouren verschiedenster Versender gescannt und zurückgenommen. Sollte über einen klar definierten Zeitraum aber keine Sendung zum Empfängerkunden anfallen aber die Retoure dennoch zurückgeführt werden müssen, kann automatisch ein Pick up ausgelöst werden der aber natürlich nicht mehr über die preislichen Vorteile einer zugeteilten und bei Lieferung übernommenen Retoure verfügt.

Zudem empfiehlt der Experte Erfassungs- und Übermittlungsmöglichkeiten zu kreieren, die sowohl für den grossen wie auch für den kleinen Kunden tragbar sind. Bei GO! können etwa via Schnittstelle rund 20 Autoimporteure ihre Retourenaufträge direkt ins IT-System einspeisen. „Auch komplexe Lösungen, bei denen nach internationalen und nationalen Empfängern von Retouren unterschieden werden muss, sind bei uns möglich“, führt Tüscher aus. Das schafft Synergien bei der Sammlung, Selektion und Verarbeitung von Retouren.

Am Beispiel des Autoimporteurs Mitsubishi macht der Experte das hauseigene Retourenmanagement deutlich: Alle Retourenaufträge laufen automatisch ins IT-System von GO! auf. Im Zuge einer Auslieferung holt GO! diese aus der ganzen Schweiz als Retourlieferungen zurück. Im GO! eigenen Zentrallager in Wolfwil/Kanton Solothurn angekommen, werden diese Sendungen auf Richtigkeit geprüft. Dabei wird unter anderem nach nationalen oder internationalen Retourendestinationen unterschieden. Die Nationalen laufen automatisch am nächsten Tag zurück nach Safenwil/Kanton Aargau wo GO! eines seiner drei HUB‘s für die Schweiz betreibt. Von da aus wird auch direkt beim Lager Mitsubishi Schweiz angeliefert. Die internationalen Retouren werden gesammelt und in der Regel einmal wöchentlich dokumentiert, mit Zoll-, Liefer- sowie Rechnungspapieren verpackt und elektronisch verzollt nach Holland, dem zentralen Lager von Mitsubishi Europa, geliefert.

GO! hat aber auch die Kleinkunden im Blick. „Dafür haben wir eine eigene Retourenerfassung auf Browserbasis fürs Internet entwickelt“, sagt Tüscher. „Eine separate IT-Schnittstelle wie bei unseren Grosskunden würde hier weder wirtschaftlich noch mengenmässig Sinn machen.“ Mit der browserbasierenden Retourenerfassung ist es jedem Empfänger eines versendenden Kunden möglich, eine Retoure anzumelden. Die Erfassungsmaske ist zudem variabel, soll heissen, dass der Kunde eigene Felder, welche der Empfänger befüllen soll um eine klare Definition der Retoure vornehmen zu können, bestimmen kann. Nach der Erfassung wird ein Label druckbar gemacht, welches u.a. diese Daten beinhaltet. Ebenfalls weist dieses Etikett, das auf einem ganz normalen A4 Drucker produziert werden kann ein eindeutiges Routing mit Barcode auf, das den Weg des Produktes zurück zum Versender aufzeigt. Für bestehende Kunden sind diese Retourenerfassungsmöglichkeiten in der Regel immer kostenlos.

Grundsätzlich muss ein hoher Automatisierungsgrad beim Retourenmanagement angestrebt werden. „Ein hoher Standardisierungsgrad und die Möglichkeit jederzeit in den Retourenprozess eingreifen zu können, spart dem Versender Aftersales-Kosten bei der Reklamationsbearbeitung“, sagt Iorio-Esposito. Und „Transparenz und ein eindeutiger Status, wie zum Beispiel die in Echtzeit berechnete und via Track & Trace angezeigte voraussichtliche Abholzeit, verleitet den Kunden nicht dazu, die Kundendienstnummer zu wählen“, weiss er.

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